Unternehmen&Trends - Ausgabe zur HANNOVER MESSE 2019

16  Unternehmen & Trends › Fertigungs- und Montageprozesse schnell an aktuelle Situationen anpassen, weil klare Korrelationen zwischen Messergebnissen und Prozessparametern eine automatische Regelung ermöglichen. Weitere Anwendungsgebiete maschinellen Lernens, die wir für unsere Kunden bearbei- ten, sind Mensch-Roboter-Kooperation, au- tonome Intralogistik und Selbstorganisation in der Fertigung. Das IOSB unterstützt Unternehmen dabei, die richtigen Lern- und Modellierungsal- gorithmen auszuwählen, repräsentative Trainingsdaten zu definieren, aufzubereiten und zu speichern, aus den Trainingsdaten sinnvolle Modelle zu erzeugen und dieses dann mit Laufzeitdaten zu vergleichen. Alle diese Aufgaben erfordern geeignete Senso- rik, Softwarewerkzeuge und –architekturen. Und: Die Forschung zu Maschinellem Ler- nen geht weiter: relevant sind beispielsweise Fragen zu maschinellem Lernen mit extrem großen oder sehr kleinen Datenmengen, zur Kombination von maschinellem Ler- nen mit physikalischem oder Expertenwis- sen sowie Sicherheit und Transparenz von ML-Modellen. Edge versus Cloud Computing In den vorangegangenen Abschnitten ist beschrieben, dass sinnvolle Anwendungen Künstlicher Intelligenz qualitativ hochwer- tige Daten erfordern, auf deren Basis dann Modelle erzeugt werden können. Wo aber werden zukünftig die anfallenden Daten ver- arbeitet oder die Modelle gelernt? Aktuell zeichnet sich ab, dass zukünftig „Edge-Rechenzentren“ diese Aufgabe über- nehmen. Unter Edge-Computing versteht man, Rechenleistung, Software-Anwendun- gen, Datenverarbeitung oder Dienste un- mittelbar an die logische Randstelle eines Netzwerks zu verlagern, z. B. einer Linie oder einer kompletten Fabrik. Studien prognosti- zieren, dass Edge-Computing durch die zu erwartende Datenvielfalt, die erforderliche Verarbeitungsgeschwindigkeit und -leistung bis zum Jahr 2025 um rd. 30 % jährlich zu- nimmt. Edge-Rechenzentren, untereinander verbunden zu einer Cloud-Infrastruktur, sind damit skalierbar und bieten auch mittelstän- dischen Unternehmen die Möglichkeiten, Cloud-Technologien zu nutzen, ohne in eine eigene Infrastruktur investieren zu müssen. Edge-Rechenzentren übernehmen beispiels- weise folgende Aufgaben: › Sammeln und Interpretieren von Daten aus Sensoren und Maschinensteuerungen, › Maschinelles Lernen der Modelle, › Vergleiche zwischen Modellen und Lauf- zeitdaten, › Speichern von Messdaten, z. B. Bilddaten aus Qualitätssystemen, › Berechnen von Maschinenparametern, › andere maschinennahe, aber nicht echtzeit- relevante Funktionen. Das Potenzial von KI gemeinsam ausschöpfen Studien zeigen, dass gezielte Kooperationen zwischen Unternehmen und Forschungsein- richtungen schneller zu neuen Produkten, Dienstleistungen und Prozessen führen. Innerhalb der Fraunhofer ‚Enterprise Labs‘ arbeiten Mitarbeiter aus Unternehmen tag- täglich mit Fraunhofer Wissenschaftlern und Entwicklern in einem Team zusammen und schaffen so konkrete Produkt- und Prozes- sinnovationen. Dabei bringen die Mitarbei- ter aus der Praxis spezifisches Produkt- und Prozess-Know-how sowie die Kenntnisse über die Geschäftsprozesse ihres Marktes ein. Sie erhalten einen Arbeitsplatz am IOSB, können aber definierte Projektaufgaben auch an ihrem ‚Heim-Arbeitsplatz‘ im Un- ternehmen bearbeiten. So wirken sie gleich- zeitig als Know-how-Multiplikatoren an ih- rem Stammsitz. Die IOSB-Wissenschaftler verfügen über umfangreiches Technologie- Know-how und Anwendungswissen aus verschiedenen Branchen. So entstehen in der Kooperation zielgerichtete Ergebnisse bis hin zu gemeinsam entwickelten Busi- ness Cases mit messbarem Kundennutzen. Durch unsere Nähe zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT) binden wir auch Mas- terstudenten oder Doktoranden in die Auf- gaben ein. Eine ideale Umgebung für produktionsna- he KI-Projekte sind die Forschungsfabriken und Labore des IOSB. Sie sind nach dem neuesten Stand der Technik mit industriel- len Komponenten von der Sensorik bis zur Cloudinfrastruktur ausgerüstet, so dass spä- tere Anwendungen und Produkte realitätsnah erprobt und verbessert werden können. Wenn Unternehmen darüber hinaus an eige- nen Maschinen und Anlagen arbeiten wol- len, bieten wir ab dem Jahr 2020 ein weite- res KI-bezogenes Highlight: die Karlsruher Forschungsfabrik. Auf rd. 4.500 m² werden wir gemeinsam mit Industriepartnern Ferti- gungsprozesse instrumentieren, Daten aus- werten und neue KI-bezogene Lösungen erarbeiten, z. B. um neue Fertigungs- und Montageprozesse schnell zu Serienreife zu bringen. „Unreife Prozesse“ bezeichnen Fer- tigungsprozesse, die noch nicht vollständig verstanden und beherrscht werden, weil sie entweder neu sind, neue Werkstoffe verar- beiten oder weil man nicht genau versteht, welche Prozessparameter eigentlich für die Produktqualität verantwortlich sind. In der Karlsruher Forschungsfabrik erforschen wir gemeinsam mit Ihnen, an welchen Schrau- ben im Prozess man ‚drehen‘ muss, damit die Qualität der Produkte gleichmäßig hoch ist und bleibt. Basierend auf Verfahren Ma- schinellen Lernens und der Mess- und Re- gelungstechnik sollen die Maschinen und Anlagen ihre Prozessparameter letztlich selbst einstellen, z.B. wenn die Qualität der Produkte sich schleichend verschlechtert oder sich die Umgebungsbedingungen än- dern. ■ 1) PaiCE (Hrsg.): Studie Potenziale der Künstlichen Intelligenz im produzie- renden Gewerbe in Deutschland 2) Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung, siehe www.ki- strategie-deutschland.de 3) WorldManufacturingForum:The2018WorldManufacturingForumReport– Recommendations for the Future of Manufacturing. 4) Werthschützky, R. (Hrsg.): Sensor Technologien 2022. AMA Verband für Sensorik und Messtechnik e.V., 2018 5) siehe www.plugandwork.fraunhofer.de 6) Fraunhofer Gesellschaft (Hrsg.): Maschinelles Lernen – eine Analyse zu Kompetenzen, Forschung und Anwendung. München, 2018 Schneller und besser entscheiden Kundenerlebnis verbessern Produktqualität verbessern Operative Kosten reduzieren Effizienz/Produktivität verbessern 30 35 39 48 59 Gründe für den Einsatz von KI Prozessverbesserung durch Machine Learning und Data Analytics http://t1p.de/vt0u Maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz http://t1p.de/wkw3 Webseiten Quelle: IDC: Künstliche Intelligenz in Deutschland 2018.

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